Tagung Internationale Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie (IVR) 2014
In Kooperation des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschaftsstrafrecht und Rechtsphilosophie (Prof. Dr. Armin Engländer) und dem Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Kriminologie und Rechtsphilosophie (Prof. Dr. Jochen Bung) fand vom 25. bis zum 27. September 2014 an der Universität Passau die Tagung der Deutschen Sektion der Internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie (IVR) statt.
Hier finden Sie Impressionen der Tagung.
Die drei Begriffe umreißen ein Thema, das in jüngerer Zeit vielfach und zunehmend in der Diskussion, aber noch lange nicht ausdiskutiert ist, weil die zugrunde liegenden gesellschaftlichen Entwicklungen schneller und unübersichtlicher sind, als alle Versuche, sie auf den Begriff zu bringen. Am plakativsten geschieht dies wohl im Begriff der Globalisierung, wissenschaftlich am vertrautesten sind wohl die Anknüpfungspunkte, die mit der Beobachtung eines Bedeutungsverlusts des Staates oder der Ver- oder Auslagerung von Staatsaufgaben erfasst werden. Die Bedeutungs- und Funktionsverschiebung vollzieht sich von innen wie von außen und ist Gegenstand vieler Disziplinen. Für die Rechtstheorie stellt sich zunehmend die Frage der Rechtsgeltung unabhängig von Staatlichkeit. In Kants Friedensschrift ist die Rede von Rechtsverletzungen, die überall auf der Welt wahrgenommen werden. Damit ist ein nicht nationalstaatlich vorgeprägter, sondern menschheitsunmittelbarer Begriff von Rechten in Aussicht genommen. In nichtklassischen Völkerrechtsmaterien wie dem Völkerstrafrecht wird diese Idee bekräftigt und nimmt auch institutionelle Gestalt an. Dass die Frage des Verhältnisses von kollektiven oder Individualrechtsgütern nicht geklärt ist, dürfte mutmaßlich nicht das Problem einer neuen Rechtsmaterie, sondern einer überkommenen Grammatik sein, die den Phänomenen nicht mehr gerecht wird. Vielfach fehlt es an einer Sprache, um die Vorgänge auf den Begriff zu bringen. In Ermangelung der Vorstellung einer globalen Äquivalenz zu einem Staatsorganisationsrecht, reicht die Spekulation Kants nicht zu einer Weltverfassung, wiewohl die Idee eines Weltbürgerrechts Anregungen zu einer solchen enthält. Zudem muss man wohl Kants Wendung von der „notwendigen Ergänzung“ des Staats- und Völkerrechts wörtlich nehmen. Das heißt, Staats- und Völkerrecht werden nicht überflüssig, doch verlieren sie ihre exklusive Definitionsmacht über den Gehalt der Völkerrechtssubjektivität. Zugleich sind Normsetzungsprozesse im transnationalen privaten aber auch öffentlichen Sektor zu beobachten, die zumindest rechtssoziologisch den staatszentrierten Begriff von Recht (ordnungsgemäße Gesetztheit) herausfordern. Die Diskussionen um die Wiederkehr des Rechtspluralismus reflektieren diese Entwicklung und fordern klassische rechtstheoretische Architektoniken (Normenhierarchie und Grundnorm) heraus. Gibt es verbindliche Derogations- oder Kollisionsregeln? Lässt sich die Idee eines Weltrechts mit dem Gedanken der Grundnorm verbinden? Ist dieser Gedanke womöglich in der Anerkennung eines ius cogens enthalten? Wer solche Fragen zu spekulativ findet, wird auch jenseits dieses Abstraktionsniveaus fündig. Die supranationale Integrationsform basiert per definitionem auf Souveränitätsverlusten. Die europäischen Politiken in der Finanzkrise lassen eine Tendenz zur Transformation klassischer Souveränitätsbezirke (Fiskalhoheit) erkennen. Zum Teil sind die Diskurse politisch oder moralisch aufgeladen und folgen eher aversiven Affekten oder dem Prinzip Hoffnung als der sachlichen Analyse. Konturen eines neuen Souveräns sind mit herkömmlichen Begriffen kaum zu zeichnen, Normkollisionsprobleme und Legitimationsfragen (Demokratie) sind ungeklärt. Unreflektiert droht eine Kluft zwischen abstraktem Moralismus und den harten Fakten, die die Problematik verdeutlichen, wie etwa die politische Instrumentalisierung der Menschenrechte, die Frage nach dem Garanten der sozialen Garantien und dem Verlust des Privaten in einer radikalisierten Strategie der Publizität. Die Tagung will versuchen, das Terrain der Kernprobleme zu vermessen und Antworten auf einige wichtige Fragen zu finden.
Hier finden Sie Informationen zu Referenten und Vortragstitel sowie Informationen zum zeitlichen Ablauf der Tagung.